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Deutschland: Konjunktur kurzgefasst

Schlüsselthema der Woche:

Heute Nacht wurde Chinas Bruttoinlandsprodukt in Q3 bekannt gegeben. Das Plus von 4,9% ggü. Vorjahr fiel etwas besser als von uns erwartet aus (+4,6%). Im Vergleich zum Vorquartal legte das BIP um 1,3% zu, nach einem Plus von 0,5% in Q2. Der Wachstumspfad liegt damit im letzten Halbjahr unter dem jährlichen Wachstumsziel von 5%. Die positive Dynamik in Q3 hat sich in Q4 wohl fortgesetzt. So verbesserten sich die Tourismuszahlen während der „Goldenen Woche“ vom 1. bis 7. Oktober. Der Aufschwung ist jedoch nicht gefestigt und es gibt weiterhin Gegenwind. So stagnierte die Verbraucherpreisinflation im September erneut, nachdem sie bereits von April bis August um die Nulllinie verlief. Auch die Immobilienverkäufe, eine wichtige Finanzierungsquelle für den Staat, erholten sich nicht. Im September dürfte es einen weiteren zweistelligen Rückgang gegeben haben. Der wirtschaftspolitische Lockerungspfad der vergangenen Monate dürfte folglich eine Fortsetzung finden. Laut Bloomberg erwägt die Regierung die Ausgabe weiterer Staatsanleihen in Höhe von CNY 1.000 Mrd. (rund EUR 130 Mrd.) vor dem Jahresende. Die Mittel sollen Infrastrukturinvestitionen finanzieren. Neben der Fiskal- dürfte auch die Geldpolitik weiter gelockert werden. Wir erwarten, dass die PBOC ihren Leitzins, die 1-Jahres-MLF (Medium-term Lending Facility), in Q4 auf 2,35% senkt, nachdem bereits von Q1 bis Q3 ein Rückgang von 2,75% auf 2,50% zu verzeichnen war. Aufgrund dieser wirtschaftspolitischen Maßnahmen dürfte die Wirtschaft etwas an Dynamik gewinnen. Wir rechnen mit einer BIPWachstumsrate von 5% in Q4. Für das Gesamtjahr 2023 würde damit ein Wachstum von 5,1% erzielt und das Regierungsziel erfüllt. Angesichts der vielen strukturellen Herausforderungen wie zunehmende geopolitische Spannungen vor allem aber inländische Herausforderungen, wie einer schrumpfenden Erwerbsbevölkerung, steigender Jugendarbeitslosigkeit, hoher privater und öffentlicher Schuldenstände sowie des relativ großen Anpassungsprozesses auf dem Immobilienmarkt, dürfte sich der wirtschaftspolitische Lockerungspfad fortsetzen. So erwarten wir einen weiteren Rückgang des Leitzinses auf 2,05% im Jahr 2024 und unsere BIP-Prognose deutet einen weiteren Rückgang der Wachstumsdynamik an. Aktuell erwarten wir 4,7% in 2024, 4,5% in 2025 und 4,3% in 2026. Die Abwärtsrisiken dürften angesichts der Herausforderungen größer sein als die Chancen eines höheren Wachstumspfads.

Wirtschaftliches Update Deutschland:

Wesentliche BIP-Prognosen für das Jahr 2023 variieren nur geringfügig. Laut Gemeinschaftsdiagnose wird ein Minus von 0,6% erwartet, laut Bundesregierung von 0,4% und laut IWF und unserer eigenen Prognose ein Minus von 0,5%. Eine relativ hohe Prognosespanne liegt dagegen für das Jahr 2024 vor. Laut der Gemeinschaftsdiagnose und auch der Bundesregierung wird mit einem Plus von 1,3% gerechnet. Der IWF prognostiziert in dem jüngst publizierten weltwirtschaftlichen Ausblick 0,9% (basierend auf kalender- und saisonbereinigten Daten), während wir lediglich ein Wachstum von 0,3% erwarten. Wir erwarten dabei faktisch ein Nullwachstum von Q3 2023 bis Q1 2024 und im Anschluss von Q2 bis Q4 aber durchaus kräftige Quartalswachstumsraten von 0,4% ggü. Vorquartal. Zusammen mit dem negativen Wachstumsüberhang aus dem Jahr 2023 führt dies aber lediglich zu einem Wachstum von 0,3% im Jahresdurchschnitt. Um ein BIP-Wachstum von 1,1% zu erzielen, bedürfte es – gegeben unseren erwarteten BIP-Rückgang um 0,3% ggü. Vorquartal in Q3 und eine Stagnation in Q4 2023 – beispielsweise in jedem Quartal in 2024 eines Wachstums von 0,6% ggü. Vorquartal. Die anhaltende Baurezession, die schwache, teilweise fallende Industrieproduktion, rückläufige Exporte nach China und unsere Erwartung, dass das globale Wachstum im Jahr 2024 um lediglich 2,7% zulegt, sind Argumente für unsere vorsichtigere Prognose. Zudem gibt es zahlreiche strukturelle Herausforderungen, wie nachlassende Wettbewerbsfähigkeit, Bürokratie, geringerer Digitalisierungsgrad, Demografie, Belastungen aus der ambitionierten Wärme- und Energiewende und eine zumindest partielle Deindustrialisierung. Zu guter Letzt sind viele Umfragewerte auf oder nahe Allzeittiefs. Alles in allem gibt es damit wohl selbst bei unserer eher pessimistischen BIP-Prognose für das Jahr 2024 mehr Abwärtsrisiken als Chancen. Alle Prognose-Details finden Sie in unserem am Montag veröffentlichten Ausblick Deutschland.

Wirtschaftliches Update international:

Krieg in Nahost lässt Ölpreise anziehen. Nach dem Überraschungsangriff auf Israel erhöhte sich der Rohölpreis zunächst nur verhalten. Von Donnerstag auf Freitag legte er dann aber kräftig von rund USD 86 pro Fass auf über USD 90 pro Fass zu. Dort verharrte er am Montag und Dienstag. Historisch klafft zwischen Ölproduktion und -nachfrage nur eine geringe Lücke von zumeist deutlich weniger als ein 1 Mio. Fass/Tag. Käme es zu einer Ausweitung des Konflikts in der gesamten Region, der auch den Iran direkt beträfe, könnte Irans Produktion von mehr als 3 Mio. Fass/Tag auf den Weltmärkten fehlen. In diesem Fall ist mit einem sehr kräftigen Anstieg der Rohölpreise zu rechnen. Umgekehrt könnte der Rohölpreis auch deutlich nachgeben, falls Saudi-Arabien seine Produktion erhöhen würde. Im Jahr 2023 lag die tägliche Produktion typischerweise bei etwas über 10 Mio. Fass/Tag, während die geschätzten Kapazitäten bei rund 12 Mio. Fass/Tag liegen. Auf Initiative der USA näherten sich Saudi-Arabien und Israel jüngst an. Es wurde sogar von einem potenziellen Friedensabkommen im Nahen Osten gesprochen. Seit Kriegsbeginn ist Saudi-Arabien sehr zurückhaltend.

Wirtschafts- und ordnungspolitische Maßnahmen:

Letzte Woche fand die Expertenanhörung zum Zukunftsfinanzierungsgesetz statt. Das Gesetz besteht aus mehreren Bausteinen, die alle das Ziel verfolgen, den Finanzmarktstandort Deutschland attraktiver zu machen. Insbesondere junge Unternehmen dürften einige Regelungen begrüßen. So sollen im Aktienrecht künftig Mantelverträge (SPAC) erlaubt sein, die eine Vorratsgründung, wie es das Gesellschaftsrecht für GmbHs vorsieht, ermöglichen. Ebenso sollen Mehrheitsstimmaktien, die 1998 durch das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich abgeschafft wurden, wieder zugelassen werden. Hierüber können Gründer Investoren beteiligen und damit Kapitel anwerben, ohne weitreichende Kontrollrechte abgeben zu müssen. Des Weiteren sollen künftig auch Namensaktien sowohl über das traditionelle Zentralregister als auch auf einer Blockchain emittiert werden können. Weitere Startup-freundliche Regelungen sollen für Mitarbeiterprogramme eingeführt werden. So sollen die sofortige Besteuerung von verbilligten Kapitalanteilen ohne Liquiditätszufluss begrenzt werden und der Freibetrag von EUR 1.440 auf EUR 5.000 deutlich angehoben werden. Unter den Experten fanden diese und eine Reihe weiterer Details Anklang. Aber es gab auch Verbesserungsvorschläge. Einige Experten forderten noch höhere Freibeträge, um mit anderen EU-Ländern konkurrieren zu können. Auch wurde mehrfach kritisiert, dass die Mitarbeiterkapitalprogramme nach aktuellem Entwurf allen und nicht ausgewählten Mitarbeitern angeboten werden müssen. Angeregt wurde auch eine Ausweitung des Geltungsbereichs, damit auch KMUs mit bis zu 1.000 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz bis EUR 100 Mio. hiervon profitieren könnten. Auch gab es Kritik. So könnten die Kapitalbeteiligungen über Mitarbeiterprogramme, die letztlich nur mit 25% besteuert werden, genutzt werden, um die Einkommensteuer zu umgehen. Zudem wurde mehrfach auf das komplexe Zusammenspiel von den neuen Regeln mit bestehendem Gesellschafts- und Steuerrecht hingewiesen. Insgesamt konnte man jedoch den Eindruck gewinnen, dass die Experten das Zukunftsfinanzierungsgesetz wohlwollend betrachten. Es könnte den Finanzmarktstandort Deutschland wohl wettbewerbsfähiger machen. Vielleicht erfolgt der ein oder andere IPO von deutschen Unternehmen künftig wieder in Deutschland. Gab es in den letzten Jahren doch zahlreiche Börsengänge deutscher Unternehmen im Ausland. Das Gesetz dürfte in den nächsten Wochen von Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden und wird voraussichtlich dann ab 2024 gelten. Im Erfolgsfall könnten viele Gründungen erfolgen und Arbeitsplätze entstehen, wodurch die Staatseinnahmen langfristig deutlich stärker steigen als die steuerlichen Mindereinnahmen, die wohl deutlich unter EUR 1 Mrd. pro Jahr liegen werden.

Quelle: https://www.dbresearch.com/PROD/RPS_DE-PROD/PROD0000000000530299/Deutschland%3A_Konjunktur_kurzgefasst.pdf?undefined&realload=~YjEDfNzfEKuFEaokoxwX5PsJ9gB6Aozl3S/UMvYMU6kpKYw~VcvUaOjKkd/JhkC


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