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Warten auf einen Neustart

Aufgrund der Resilienz der US-Wirtschaft entschloss sich unser Anlageausschuss im August zu einem weniger pessimistischen Ausblick für Aktien. Die Allokation der Anlageklassen sieht weiterhin eine neutrale Haltung gegenüber Aktien und Anleihen vor.

Die anhaltende Resilienz der US-Wirtschaft hat uns davon überzeugt, dass der Ausblick für die Aktienmärkte sich verbessert. Wir haben daher im vergangenen Monat die Aktienallokation von untergewichtet auf neutral verändert, wobei die US-Märkte (übergewichtet) den europäischen Märkten (untergewichtet) vorgezogen werden. Auch die Haltung gegenüber den Schwellenmärkten bleibt neutral. Die jüngsten Signale aus den USA und China stützen diese Ansicht.

Eine „weiche Landung“ für die USA?

Die Inflation in den USA war vor kurzem zwar aufgrund der steigenden Energiepreise etwas höher als erwartet, doch das Lohnwachstum war rückläufig und der Arbeitsmarkt hat sich etwas abgeschwächt. Zur Messung ihres Erfolges im Kampf gegen die Inflation schaut die US-Notenbank (Fed) speziell auf diese drei Faktoren (Inflation, Lohnwachstum und Arbeitsmarkt). 

Die neuesten Daten deuten darauf hin, dass der Fed möglicherweise ein seltenes Kunststück gelingen könnte – eine „weiche Landung“ der Volkswirtschaft – wo die Inflation unter Kontrolle gebracht wird, ohne dass eine Rezession ausgelöst wird. Dieses Szenario schließt jedoch nach wie vor eine langsamere konjunkturelle Erholung ein. Wir gehen davon aus, dass sich das Wirtschaftswachstum der USA im vierten Quartal bis ins Jahr 2024 hinein abschwächen wird, bevor es in der zweiten Hälfte des nächsten Jahres zu einer Erholung kommt. 

In der Eurozone leidet die Wirtschaft immer noch unter den Auswirkungen der von der Europäischen Zentralbank vorgenommenen starken Zinserhöhungen, die seit Mitte 2022 vorgenommen wurden, und der Abkühlung der globalen Wirtschaft – insbesondere in China. Wir rechnen damit, dass die Schwäche der Eurozone sich noch für einige Zeit fortsetzen wird, wobei das Wirtschaftswachstum in der zweiten Hälfte von 2023 und ersten Hälfte 2024 etwas rückläufig sein bzw. mehr oder weniger stagnieren dürfte. 

Bislang haben die punktuellen konjunkturellen Maßnahmen in China einigen Sektoren geholfen, doch die Auswirkungen der strengen Null-Covid-Politik des Landes und der regulatorischen Maßnahmen klingen immer noch nach. Es gibt jedoch Anzeichen, die auf Besserung hindeuten. Die jüngsten Darlehensvergabe- und Außenhandelsdaten waren alle stärker als erwartet; bei den Einzelhandelsumsätzen und der Industrieproduktion ließ sich ebenfalls eine Wende beobachten. Die chinesische Wirtschaftsdynamik scheint sich also zu stabilisieren. Wir prognostizieren 2023 für China ein Wirtschaftswachstum von 5,2 % und 2024 4,8%.

Vor diesem Hintergrund hat das Investmentkomitee daher auf seiner letzten Sitzung seine Vermögensallokation unverändert gelassen. Es behält dabei seine neutrale Haltung sowohl gegenüber den Aktien- als auch den Anleihemärkten bei. 

Aktienmärkte deuten Stabilisierung an

Seit Anfang März bewegen sich die europäischen und Schwellenmärkte seitwärts, während die US-Märkte aufgrund einer Outperformance einer Handvoll von Informationstechnologieaktien (IT) zugelegt haben. Wir sind der Ansicht, dass die Aktienmärkte beginnen, sich zu stabilisieren. Die weitere Entwicklung wird durch den makroökonomischen Ausblick und die Unternehmensergebnisse des dritten Quartals bestimmt. Doch zurzeit werden die Märkte durch widersprüchliche Signale beeinflusst. 

Im Allgemeinen geht es dem Dienstleistungssektor gut, während der Fertigungssektor rückläufig ist. Die US-Märkte zeigen sich weiter widerstandsfähig, doch die Schwäche Chinas hat den Ausblick für die Schwellenmärkte und Europa eingetrübt. 

In diesem Umfeld sind wir der Ansicht, dass eine neutrale Haltung, was die Aktienmärkte anbetrifft, gerechtfertigt ist. Unsere regionalen und Sektorallokationen zeigen, wo wir Wertsteigerungen erwarten. Wir ziehen US-Aktien und dort die Informationstechnologie und den Gesundheitssektor vor. 

Sichere Staatsanleihen bevorzugt

Da die Fed und die EZB sich dem Ende ihrer Zinsanhebungszyklen nähern, verhalten die Anleihemärkte sich volatil. Wir glauben, dass die EZB nach der Anhebung ihres Einlagenzinssatzes um 25 Basispunkte auf 4,00 % im September ihren Höchstzinssatz erreicht hat. Die Fed dürfte ihren Höchstzinssatz bereits Anfang dieses Sommers erreicht haben. Natürlich kann man erst rückblickend genau sagen, wann der Höchstzinssatz erreicht wurde und ganz genau weiß man das erst, wenn die Zentralbanken mit den Zinssenkungen beginnen. 

Während der Anleihemarkt voller Nervosität auf die ersten Anzeichen einer Zinswende bei den Zentralbanken wartet – die wir in den USA und Europa nicht vor 2024 erwarten – ziehen wir es vor, in sichere Staatsanleihen und Investment-Grade-Unternehmensanleihen anzulegen und die risikoreicheren Anleihesegmente wie Hochzinsanleihen zu vermeiden. 

Auf die Stabilisierung folgt die Wende

Die aktuellen Marktbedingungen stellen sich derzeit so dar, dass jede Sichtweise ihre Argumente finden kann. Die Optimisten unter uns können sich an der durch die USA gezeigte Stärke, dem Wachstum im Dienstleistungssektor, einem erwarteten Ende der Zinserhöhungszyklen in den USA und Europa und der im bisherigen Jahresverlauf besser als erwarteten Renditeentwicklung bei den Aktien und hochwertigen Anleihen erfreuen. 

Die Pessimisten dagegen können in der gleichen Situation auf die restriktive Geldpolitik verweisen, die sich bis ins Jahr 2024 hinein fortsetzen dürfte, auf die nach wie vor bestehenden Inflationssorgen und die potenzielle Rezession, die steigenden Energiepreise, einen rückläufigen globalen Fertigungssektor, den Krieg in der Ukraine und misstrauische Verbraucher, die alle ihre Ersparnisse ausgegeben haben.

In diesem Umfeld haben wir unsere pessimistische Haltung im Sommer aufgegeben und unsere Barmittel zur Vergrößerung unserer Aktienposition eingesetzt. Wir sind der Ansicht, dass eine neutrale Aktienquote für Anleger derzeit die beste Option darstellt, solange wir auf Anzeichen warten, aus denen erkennbar ist, was uns bevorsteht und womit in 2024 zu rechnen ist. Der Schlüssel dazu sind die Erklärungen der Zentralbanken und die Erwartungen der Unternehmen. 

Quelle: https://www.bethmannbank.de/de/news-und-presse/finanzmarkt/investmentstrategie/monatsupdate/2023-09-20-warten-auf-einen-neustart.html


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